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Biennale "Refugium"
Weiertal, Rumstalstr. 55, Winterthur

20. Mai bis 10. September 2017

Maya Bringolf, Eveline Cantieni, Mia Diener, Quynh Dong, Marianne Engel, Gregor Frehner, Gerber/Bardill (Gabriela Gerber und Lukas Bardill), Bob Gramsma, Thomas Hirschhorn, huber.huber (Markus und Reto Huber), Monica Ursina Jäger und Michael Zogg, Victorine Müller, Yves Netzhammer, RELAX – Marie-Antoinette Chiarenza, Daniel Hauser & Co., Pipilotti Rist, Ilona Ruegg, Olga Titus.
Kuratiert von Kathleen Bühler (Kunstmuseum Bern Kuratorin Gegenwartskunst)

Die 5. Biennale im Sommer 2017 steht unter dem Titel “Refugium“ und wird von Dr. Kathleen Bühler kuratiert. Beteiligt sind herausragende Schweizer Künstler und Künstlerinnen.

„Refugium“ steht als Motto der Biennale 2017 über dem idyllisch gelegenen Kulturort Weiertal. Als Thema fragt es nach dem Verhältnis zwischen dem Idyllischen in der Kunst als Inszenierung von Wunschwelten und dem Alltäglichen als Kampf gegen Umweltzerstörung und stetig wachsendem Dichtestress.

Mit „Refugium“ wird die Rolle der Natur als Ressource für den zunehmend entfremdeten Städter zur Diskussion gestellt, aber auch die Mechanismen, welche den sozialen oder gar politischen Zugang dazu regeln. Wer darf ins Refugium und wer nicht? Wer wird „refusé“ und steht als „refugié“ vor den Toren?

Präsentiert werden ortsspezifische Objekte und raumbezogene Intervention, poetisch-versponnene oder kritisch-politische Beiträge, die sich inhaltlich, formal und/oder materiell auf den Ort beziehen, um in ihrer Vielstimmigkeit die Komplexität des Themas aufzufächern.

Konzept Biennale 2017

Das etwas altmodische Wort ‚Refugium’ bezeichnet den Zufluchtsort oder auch Unterschlupf eines Individuums oder Tieres. Ein Refugium kann ein Ort oder ein Schutzbrief sein, bietet Schutz vor Verfolgung und wurde das erste Mal in einem politisch-­religiösen Sinn für die protestantischen Flüchtlinge angewandt, welche im 16. Jahrhundert vor der Gegenreformation in die Schweiz flohen. Heute gelangt der Begriff vor allem im Alpinismus noch zur Anwendung für eine Schutzhütte in den Bergen, welche dem Wanderer oder Bergsteiger Zuflucht vor überraschend einbrechendem schlechten Wetter gewährt.

Als metaphorischer Begriff deckt das Refugium ein weites Feld zum Teil sich widersprechender Bedürfnisse ab. So thematisiert er den Wunsch des urbanen Menschen nach einem Rückzugsort im alltäglichen Dichtestress, als idyllischer Ferien- oder Naherholungsort, sowie manchmal einen inneren Schutzraum vor der lauten Welt im Sinne einer durch Meditation, Leibesübung, Kunst, Genussmittel-­ oder Drogenkonsum erreichbaren Gegenwelt. Dann bezeichnet das Refugium den Lebensraum geschützter Tier-­ und Pflanzenarten. Es ist ein Reservat der Natur, an dem ihre Artenvielfalt bewahrt wird und hier über das Verhältnis zu Natur nachsinniert werden kann. Der Nationalpark ist eine in diesem Geiste gegründete Schutzzone, in dem die Bedürfnisse der Tiere und Pflanzen Vorrang vor derjenigen der Menschen haben. Widersprüchlich dabei ist, dass Natur zum einen als Ressource für den gestressten Städter dienen soll und zum anderen selbst schutzbedürftig geworden ist.

Der Schutzgedanke war lange Thema des Zivilschutzes, welcher Bunker und atomsichere Keller unterhielt und ein Regime festschrieb, wie die Vorräte darin zu unterhalten seien. Zivile Schutzräume sind heute vor allem als kurzfristige Unterkünfte für Flüchtlinge im Gebrauch. Denn eng verbunden mit dem Refugium ist der „refugié“ oder „refugee“, der vor wirtschaftlicher, politischer oder kriegerischer Unbill aus seinem Ursprungsland flüchtet. Heftig umstritten ist die Frage, wieviel Zugang solchen Menschen in die westliche Welt gewährt werden soll.

Ein Refugium grenzt sich ab vom Alltag, vom öffentlichen Raum als klar definierter privater oder nur beschränkt zugänglicher Raum. Das Refugium formuliert also mit Vehemenz nicht nur die Frage, wer schutzbedürftig in der Gesellschaft sei, sondern auch wer und aufgrund welcher Kriterien der Zugang zum schützenden Ort bekommt. Die privilegierte Situation des Besitzenden, bereits Geschützten steht der prekären Lage des Besitz-­ und Schutzlosen gegenüber.

Das Weiertal ist selbst ein Refugium: Eine naturbelassene Gartenanlage von ca. 6000m2, mit zwei Weihern, die von schmalen Bachläufen verbunden werden, gesäumt von Rosenbüschen, einem Obstgarten und anderen Baumgruppen. Paradiesisches Zuhause einer vielfältigen, einheimischen Pflanzenwelt. Dieser idyllische Ort eignet sich besonders, die unterschiedlichen Spannungsfelder rund um das Thema aufzuzeigen.

Mit ortsspezifischen Skulpturen und raumbezogenen oder performativen Interventionen von rund zwanzig Künstler/innen und Künstlergruppen wird das idyllische Gelände auf seine historische und kulturelle Bedeutung sowie verborgenen Spannungsmomente befragt. Mit einer Mischung von poetisch-versponnenen und kritisch-­politischen Beiträgen, welche in ihrer Vielstimmigkeit die Komplexität des Themas auffächern, kommen die sich widersprechenden Aspekte rund um den vielschichtigen Begriff Refugium zum Ausdruck.

Damit lädt die Skulpturen-­Biennale Weiertal 2017 mit einer anregenden Aussenausstellung sowie dichten Rahmenprogramm ein zur sinnlichen und kritischen Beschäftigung mit einem aktuellen Spannungsfeld unserer Gesellschaft und Kultur.

Kuratorin Dr. Kathleen Bühler (Kuratorin und Leiterin der Abteilung für Gegenwartskunst am Kunstmuseum Bern)

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