HUBER.HUBER

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huber.huber and the authors

WELTKUNST Nr. 125/2017

02.02.2017 Lisa Zeitz

Das Künstlerduo Huber.Huber im Interview

Als Künstlerduo arbeiten die Schweizer Zwillingsbrüder Markus und Reto Huber unter dem Namen huber.huber in Zürich. In unserer hochtechnisierten Welt erkennen sie ein zunehmendes Bedürfnis nach Esoterik – und folgen mit ihrer Kunst jenen Menschen, die auf die Verheißung der Steine vertrauen. Auf spielerische Weise nutzen sie verschiedenste Medien. Ein Interview.


Sie haben geschliffene Achate in Ihre Kunst integriert. Was hat es mit der neuen Serie auf sich?

Reto Huber: Wir haben für dieses Projekt das Konzept einfach und klar gehalten. Die Farbgebung des Grundes tritt in einen Dialog mit der Farbe des Steines, sodass der Hintergrund zu einer Art Aura wird. Der Achat liegt locker zwischen dem Glas des Rahmens und dem gefärbten Karton. Man könnte also den Heilstein rausnehmen und neu positionieren.

Was für eine Aura haben diese Steine? Und was bedeutet der Titel „Das Versprechen“?

Reto Huber: Uns interessiert in dieser hochtechnologisierten Welt die Hoffnung, die Menschen mit solchen Objekten verknüpfen. Die Serie besteht sozusagen aus funktionalen Bildern, auch wenn wir das mit einem Augenzwinkern sehen. In unserer Welt wird alles wissenschaftlich erklärt, aber die sogenannte Eso-Szene boomt. Möglicherweise ist es eine Art Gegenbewegung, dass sich die Menschen an einfachen Dingen festhalten wollen. Schon im Mittelalter hat die heilige Hildegard von Bingen die Wirkung des Steins beschrieben. Dabei muss man
ihn nicht einmal berühren, es genügt vollkommen, wenn er da ist. In der New-Age-Bewegung heißen die Achate Superheiler, weil sie gegen fast alles helfen, natürlich nicht gegen schwere Krankheiten wie Krebs, aber gegen Kopfschmerzen, kalte Hände und so weiter. Deshalb haben wir die Serie „Das Versprechen“ genannt.

Markus Huber: Ich unterrichte in einem kleinen Pensum an der Technischen Hochschule in Rapperswil im Studiengang Landschaftsarchitektur. Die Kassiererin der Mensa hat dort auf ihrer Kasse einen Rosenquarzstein liegen, um sich vor den Strahlen der Registrierkasse zu schützen. Sie lässt sich weder von den zahlreichen Wissenschaftlern in ihrem Umfeld beirren noch von der Gewissheit, dass die Strahlungen der Kasse mit Sicherheit die geringste Emissionsquelle im Forschungskomplex sind.

Woher haben die Steine ihre Farbe?
Reto Huber: Die meisten Achate sind eingefärbt. Das beeinträchtigt die Heilkraft nicht. Seit Jahren sind Diamantschleifer darauf spezialisiert, die Achate zu schneiden und zu färben. Das geschieht zum Beispiel dadurch, dass sie ins Feuer gelegt werden oder monatelang in Bädern liegen. Es ist eine Inszenierung des Steins.

Die Steine an sich sind ja von außen eher unscheinbar. Schön werden sie, wenn sie halbiert, geviertelt oder in Scheiben geschnitten werden.

Markus Huber: Esoteriker stellen solche Achatfragmente im Wohnraum verteilt auf. Sie sollen Ruhe, Geborgenheit und positive Energie ausstrahlen. Für eine Serie mit dem Titel „Achatkonstrukt“ haben wir diese geschnittenen und geschliffenen Achatstücke mit Mörtel zu neuen Objekten zusammengefügt – geflickt. Der Eingriff wirkt brutal. Als Skulpturen entfalten die „Achatkonstrukte“, die jeweils aus mehreren Teilen beste¬hen, eine räumliche Wirkung. Das Konstrukt nimmt somit die Idee der Raumwirkung auf profane Weise auf.

In Ihren Collagen, die man auch auf Instagram verfolgen kann, tauchen Papageien, Blumen und Schmetterlinge auf. Was bedeuten Ihnen diese Motive?

Markus Huber: Es geht uns vor allem um den Menschen und sein Verhältnis zur Natur. Bei den Tieren geht es uns um Symbole. Es gibt Kanarienvögel, die so extrem gezüchtet sind, dass sie in der Natur keinen einzigen Tag lang überleben könnten. Alles nur, weil die Menschen ein Schönheitsideal auf die Tiere übertragen haben. Warum macht der Mensch das? Das interessiert uns mehr als die eigentlichen Vögel.

Vor einigen Jahren haben Sie für das Swiss Institute in New York ein Projekt verwirklicht, das ebenfalls Vögel zum Thema hatte.

Reto Huber: Uns war zuvor in Zürich aufgefallen, wie viele Bretter als Abfall auf den Straßen lagen. Wir haben das Holz dazu benutzt, Nistkästen für Vögel zu bauen und diese Idealgebilde von einem Einfamilienhaus da aufzuhängen, wo wir das Holz gefunden hatten, um den Vögeln ihre Brutstätten zurückzugeben. In New York wollten wir ein ähnliches Projekt durchführen – aber auf den Straßen lag so gut wie kein Holz. Also nahmen wir Plastik, Pappe, Folien und was sonst zu finden war. Die New Yorker Nistkästen ähnelten, in anderer Dimension, den improvisierten Behausungen der Obdachlosen.

Was sind Ihre Pläne für 2017?

Reto Huber: Im August haben wir ein großes Projekt an der ETH Zürich. Die Graphische Sammlung wird 150 Jahre alt. Sie umfasst rund 150.000 druckgrafische Werke und Zeichnungen vom 15. Jahrhundert bis heute. Dort beziehen wir uns mit einer Ausstellung auf historische Serien aus den Beständen. Außerdem freuen wir uns auf die Biennale Kulturort Weiertal ab Mai, an der wir neben Künstlern wie Pipilotti Rist und Thomas Hirschhorn teilnehmen.

Sie leben in Zürich. Wie beurteilen Sie als junge Künstler die Stadt?

Markus Huber: Die Schweiz ist ja so klein, da kann man gleich über die ganze Schweiz sprechen. Zürich ist extrem spannend, denn es gibt einerseits große Ausstellungshäuser, aber auch Off Spaces, alles zusammen auf engem Raum. Dann natürlich die Art Basel. Es gibt unheimlich viele Sammler und Institutionen, und auch die Versicherungen und Banken haben spannende Kunstsammlungen und Leute, die sich darum kümmern. Das darf man nicht vergessen – schließlich ist es für uns Künstler auch wichtig, etwas zu verkaufen.

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